Julia Winkels
“Glück hat viel mehr Komponenten als ein klassisches Familienmodell.“

JuliaWinkels_FranziskaTaffelt_Col012 Kopie   Julia Winkels ist neben Svenja Altan CEO und Founder der Kommunikationsagentur BOLD mit Sitz in Berlin und inzwischen auch L.A.. Der Schritt über den großen Teich symbolisiert sehr gut den Spirit, Mut und Innovationsgedanken, der die beiden bärenstarken Frauen antreibt. Die Berlinerin Julia hat bei Gründung vor sechs Jahren ihre Tochter Ella bekommen und drei Jahre später Sohn Theo. Allein die Berliner Agentur zählt inzwischen 30 Mitarbeiter. Wie sie die alle unter einen Hut bringt, was ihr hilft und in welcher Rolle sie sich leichter zurecht gefunden hat, erzählt uns die schöne, schlaue Blondine im Interview. 

Liebe Julia, Du hast nach der Geburt Deines ersten Kindes vor 6 Jahren mit Svenja Altan den Businessplan für Deine nun 5 Jahre bestehende Agentur BOLD geschrieben. Ihr habt inzwischen 30 Mitarbeiter und eine Zweigstelle in LA. Wieviel hat Deine Tochter Ella damit zu tun?

Sie ist ein sehr ausschlaggebender Grund für meine Selbstständigkeit – aber nicht der alleinige.

Einige Dinge kamen hier zusammen: Ich zog gerade aus den USA zurück nach Berlin und befand mich also in einer beruflichen Zwischenphase. Hier hat es sich natürlich angeboten, genau zu reflektieren wohin die Reise geht. Ich bin in einer Familie aufgewachsen, in der sowohl meine Mutter als auch mein Vater von jeher selbstständig gearbeitet haben. Die Vor- und Nachteile waren mir dadurch ganz klar bewusst. Ausschlaggebend war die Fragestellung: Wie kann ich das Erlernte, meine Interessen und mein Netzwerk am besten einsetzen? Bei welchem Job wäre das für mich möglich? Und wie schaffe ich es hier das Kinderthema zu integrieren? Mich dann nach fast 10 Jahren im Angestelltenverhältnis selbstständig zu machen, war eine ganz natürliche Antwort auf diese Fragestellung.  

Mir war von vornherein klar, dass ich das nicht alleine schaffen kann und auch gar nicht will. Die Person, von der ich professionell und persönlich schon seit dem Studium begeistert bin, war und ist meine heutige Partnerin Svenja Altan. Ich habe sie angerufen und sie gefragt, ob sie mit mir eine PR-Agentur gründen will. Sie sagte gleich beim ersten Telefonat zu. 

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Du bist quasi zeitgleich Mutter und Chef geworden – was war aufregender? In welcher Rolle hast Du Dich leichter zurechtgefunden?

Als Chef! ☺

Ich habe schon zuvor Teams geleitet und war in Positionen, die Verantwortung erfordert haben. Ich habe keine Angst davor – ganz im Gegenteil – ich freue mich über eine Relevanz  in meinem Job.

Anfänglich fiel es mir sehr schwer abzugeben, aber auch das lernt man über die Jahre. Wichtig ist hierbei natürlich ein Team zusammenzustellen, an das man glaubt und dem man vertraut. Seitdem Svenja vor 2 Jahren BOLD LA eröffnet hat, ist Mika Moriyama als Geschäftsführerin an meiner Seite. Ich mache mir nichts vor: Ich bin eine Mutter mit zwei Kindern und dazu seit 1,5 Jahren alleinerziehend – ich brauche ein starkes Team im Rücken. Mika führt mit mir zusammen dieses Team sehr erfolgreich. Darüber bin ich sehr dankbar.

In die Mutterrolle wächst man ganz anders rein. Alles ist neu. Bei meiner Tochter Ella dachte ich, es sei normal, viel Zeit zu haben. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass ich einfach ein sehr entspanntes Kind hatte. Ich nahm Ella fast überallhin mit – das fand sie toll und für mich war das natürlich eine optimale Lösung. Den Businessplan haben Svenja und ich zusammen mit Ella verfasst. Das kann man tatsächlich so sagen. Mit meinem 2. Kind wäre das so nicht möglich gewesen.

Bei BOLD arbeiten überwiegend Frauen, und eine der vielen Stärken der Agentur ist das herausragende Team und sein Teamwork. Was ist das Geheimnis guter Führung?

Um eine Sache klarzustellen: Wir haben nie geplant mit vorwiegend Frauen zusammenzuarbeiten. Die PR-Branche ist einfach sehr weiblich. Das ist der einzige Grund. 

Das Geheimnis guter Führung? Ich denke Fairness und schlichte Menschlichkeit sind extrem relevant. Auch die Tatsache rüberzubringen, dass es Dinge im Leben gibt, die wichtiger sind als die Arbeit. Wir arbeiten mit 25 Frauen zusammen… Die eine hat sich vielleicht gerade getrennt, die andere ist schwanger, die nächste hat einfach nur ihre Tage ☺

Es ist wichtig, die Mitarbeiter ernst zu nehmen und sie wertzuschätzen. Ich wünsche mir wirklich sehr, eine Chefin zu sein, mit der man auch solche Themen besprechen kann.

 Wie wählt Ihr Mitarbeiter aus, bzw. worauf achtest Du bei Vorstellungsgesprächen und Bewerbungen besonders?

Es ist nicht einfach, Personen zu finden, die sowohl eine gewisse Hochschulausbildung im kommunikativen Bereich haben als auch ein überdurchschnittliches Interesse für Lifestyle-Themen, Sub- und Popkultur. Aber ich denke, dass sich mittlerweile rumgesprochen hat, dass man bei BOLD genau diese Themen authentisch leben kann. BOLD hat sich selbst zu einer Lifestylemarke entwickelt. Alle Mitarbeiter bei BOLD zeichnen sich durch eine besondere Persönlichkeit aus. Wir suchen keine klassischen PR-Berater, sondern Charaktere. Alle Mitarbeiter verbindet ein Attribut: Boldness.

Wie viele Eurer Angestellten haben Kinder?

Zählen Patchwork-Familien auch? Eigene Kinder haben bei uns derzeit 5 Mitarbeiter. In unserer Branche und bei 23 Festangestellten ist das meiner Meinung nach ein guter Schnitt. 

 Was wünschst Du Dir für Deutschlands Familienpolitik und vor allem für die in der freien Wirtschaft tätigen Mütter? 

Ich empfinde Deutschland als ein extrem faires Land für Eltern. Ich habe davon stark profitiert. Das Elterngeld hat mir ermöglicht, Zeit für meine Kinder zu nehmen und zwar ohne größere Sorgen, mir diese Pause nicht finanzieren zu können. Auffällig ist natürlich, dass es überdurchschnittlich wenige Mütter in meiner Branche gibt. Ich denke das liegt auch daran, dass viele Frauen Angst vor dem Wiedereinstieg nach der Elternzeit haben. Nicht selten werden kompetente Mitarbeiterinnen in führenden Positionen auf Hilfspositionen degradiert. Natürlich ist auch für uns nicht einfach, bei dem Kunden Verständnis dafür zu fordern, dass eine Person um 16:00 das Büro verlässt. Wichtig ist hier dann wieder die Unterstützung im Team. 

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Du erziehst zwei Kinder allein, hast 30 Mitarbeiter mit aktuell ca. 30 Kunden. Wieviel Helferlein sind für ein reibungsloses System in Deinem privaten Bereich nötig und zu welcher Zeit?

Ich habe eine feste Babysitterin und eine Haushaltshilfe, die 2-mal pro Woche kommt – das war es eigentlich. Wir sind hier wieder beim Thema Teamstruktur. In meinem Fall ist dieser Bereich essentiell. Insgesamt ist mein Leben natürlich alles andere als spontan – aber damit kann ich gut leben.

 Was ist Dein persönlicher Luxus, den Du Dir gönnst? Gibt es das überhaupt – Zeit für Dich?

Ich möchte jetzt antworten, dass ich keinen Luxus brauche. Aber das wäre schlimm gelogen. Ich liebe es, mich zu verwöhnen und tue das auch wann immer ich kann. Da das nicht so häufig vorkommt, bleibt Luxus etwas Besonderes für mich und ich genieße ihn dann in vollen Zügen.

Du hast Dich von dem Vater Deiner Kinder getrennt. Was rätst Du Müttern, die in ihrer Beziehung unglücklich sind, aber aus Angst vor der pädagogisch-psychologischen und/oder der wirtschaftlichen Konsequenz vor dem Schritt zurückschrecken?

Die Trennung war sehr schmerzhaft für mich. Wir waren immerhin 16 Jahre zusammen. Ich glaube ganz wichtig ist, davon auszugehen, dass der Schmerz an Bedeutung und Volumen verliert. Ebenso relevant ist, den Kindern die Sicherheit zu geben, dass sie mit dieser Entscheidung nichts zu tun haben. Ziel sollte immer sein, mit dem Ex-Partner eine Struktur zu schaffen, die für die Kinder am besten ist. Wie das genau aussehen soll, das ist wirklich von Familie zu Familie völlig verschieden. 

Ich hatte sozusagen Glück im Unglück. Die wirtschaftliche Konsequenz war in meinem Fall weniger von Bedeutung. Das hat viele Schritte bestimmt erleichtert – aber eben auch „nur“ erleichtert. Ich kann völlig nachvollziehen, dass manche Paare „im Interesse der Kinder“ zusammenbleiben. Eine Trennung ist emotional und psychisch sehr anstrengend – dieser Anstrengung gehen eben viele Paare lieber aus dem Weg. Eines kann ich aus eigener Erfahrung sagen: Glück hat viel mehr Komponenten als ein klassisches Familienmodell. Und diese weiteren Komponenten lernt man nach einer Trennung Schritt für Schritt kennen. Das schafft eine neue Form von Realität, die durchaus auch sehr inspirierend und kraftvoll sein kann. 

Szenario: Es ist was schief gelaufen, Kunden unzufrieden, Stress in der Agentur, Kinder schlecht gelaunt und zu Hause brennt das Essen an, während der Sohn die wertvolle Vase runterschmeißt, wie reagierst Du?

Ich stecke die Kinder um 20:00 ins Bett – und mich gleich dazu!

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Dein Trick, um die Nerven zu behalten?

Bewegung, Sauna und ausreichend Schlaf. 

Hast Du ein Lebensmotto? 

YOLO? Haha. Nein Quatsch – habe ich eigentlich nicht. Ich wünsche mir positiv und gelassen weiterzugehen. Angekommen bin ich noch lange nicht.

 Was bedeutet Dir BOLD? 

Fast alles.

Was bedeutet Dir das Muttersein?

Alles.

Vielen lieben Dank, liebe Julia! Es war mir ein großes Vergnügen.

 

Fotos: Franziska Taffelt

 

Saskia Hilgenberg hat mit ihren drei kleinen Orgelpfeifen die volle Ladung Jungspower zu Hause und weiß, was es heißt, auch mal an seine Grenzen zu stoßen. Sie trägt es mit Fassung und vor allem viel Liebe, denn die häusliche Si­sy­phus­ar­beit hat sowieso kein Ende. Doch auch wenn die Geburten ihrer drei Söhne ihr Leben auf den Kopf gestellt haben, blieb sie ihrer Leidenschaft für Fashion treu und lässt das Familienleben eher anekdotisch in ihren Beiträgen durchblitzen. Die Mitbegründerin des Mummy Mag arbeitet seit vielen Jahren frei als persönliche Stylistin, Fashionberaterin und Redakteurin. Muttersein ist für Saskia von jeher ein positiv besetztes Bild und das möchte sie auch mit dem Mummy Mag transportieren, um den Frauen in Deutschland Mut bei der inzwischen viel zu häufig gestellten Kinderfrage zu machen.

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